Von Julian Ignatowitsch und Reinhard Franke
München - Der Anruf kam am Mittwochnachmittag.
Als Kevin Volland von DFB-Assistent Hansi Flick erfuhr, dass er im vorläufigen Nationalmannschaftskader für die WM in Brasilien steht, konnte er die doch etwas überraschende Nachricht nicht allein für sich behalten.
"Die Nominierung war natürlich mit großen Glücksgefühlen verbunden", verrät er SPORT1: "Meinen Eltern, mit denen ich am gleichen Abend lange telefoniert habe, und meiner Freundin, mit der ich essen war, habe ich es natürlich sofort gesagt."
Einen Tag später, nach der offiziellen Bekanntgabe durch Nationaltrainer Joachim Löw, wusste es dann ganz Fußball-Deutschland.
"Viel besser als Urlaub"
"Ich werde gemeinsam mit den besten deutschen Spielern trainieren. Das ist eine Ehre", sagt Volland. Er ist überhaupt erst der vierte Hoffenheimer, der es jemals in die Nationalmannschaft geschafft hat. Tobias Weis, Marvin Compper und Andreas Beck sind - oder waren - die anderen.
"Ich gebe mit der TSG gegen Braunschweig und hoffentlich auch im Spiel gegen Polen Gas - dann werde ich sehen, wie es weitergeht", meint Volland und bleibt relativ gelassen.
Eigentlich hatte er den Sommerurlaub schon gebucht. "Wie immer mit Reiserücktrittversicherung", erzählt er: "Ob die greift, weiß ich aber nicht. Eins ist klar: Zur Nationalmannschaft zu fahren ist viel besser als in den Urlaub."
Als Kind Eishockeyspieler
Neben Miroslav Klose ist Volland der einzige echte Angreifer im vorläufigen Aufgebot. Der 21-Jährige kann sich berechtigte Hoffnungen machen, auch in Brasilien dabei zu sein.
Mit Lukas Podolski, Thomas Müller und Mario Götze hat Löw zwar genügend Alternativen für den Sturm - alle drei setzt er aber lieber auf den Außen oder als hängende Spitze ein.
Als Kind spielte Volland Eishockey, sein Vater Andreas war sogar Nationalspieler. Wintersport war für den geborenen Marktoberdorfer von Kindheit an die zweite Leidenschaft neben dem Fußball. Kein Wunder, wenn die Alpen quasi gleich vor der Haustür liegen.
Doch der Ball war dann doch faszinierender als jeder Gipfel oder Puck. Die Mutter, die früher selbst Fußball gespielt hat, fuhr ihren Junior zum Training. Erst nach Thalhofen, dann nach Memmingen und schließlich nach Thannhausen.
DFB-Trikot bekommt die Mutter
Das erste DFB-Trikot hat er deshalb ihr versprochen. "Schon als Junge, weil sie so viel Zeit investiert hat", erklärt Volland.
2007 wechselte er in die Jugend von 1860 München, wo er zuerst bei der zweiten Mannschaft und ein Jahr später bei den Profis vorspielte.
In 57 Zweitliga-Spielen erzielte er 20 Tore. Er hat in der U17, U18, U19, U20 und U21 gespielt - jetzt steht er vor seinem ersten A-Länderspiel.
"Flexibel einsetzbar"
1899-Trainer Markus Gisdol lobt seinen Schützling als "flexibel einsetzbaren" Spieler. Darauf legt auch Löw wert.
"Ich glaube, dass Kevin in dieser Saison noch einen richtigen Schritt gemacht hat", sagt Gisdol.
Die Statistik belegt das: Im Vergleich zur letzten Saison verbesserte er sich von sechs Toren und 12 Vorlagen (18 Scorerpunkte in 34 Spielen) auf zehn Tore und zehn Vorlagen (20 Scorerpunkte in 32 Spielen).
Zusammen mit Roberto Firmino und Anthony Modeste bildet er in dieser Saison die drittgefährlichste Offensive (69 Tore) der Liga - hinter Bayern (93) und Dortmund (76).
18 Millionen Euro Marktwert
Volland ist abschlussstark, antrittsschnell, technisch versiert und hat eine sehr gute Übersicht. Mit einer Ablöse von 700.000 Euro war er für Hoffenheim 2012 ein echtes Schnäppchen. Heute ist Volland rund das 20-fache (18 Millionen Euro) wert.
Ob er seinen Wert auch in einem Monat in Brasilien für die Nationalelf unter Beweis stellen darf, bleibt abzuwarten.
Bis dahin kann sich Kevin Volland ja noch schlau machen, ob in den Bestimmungen des Reiseveranstalters irgendetwas von "Reiserücktritt im Falle eines plötzlichen Anrufs von Hansi Flick" steht.
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